Trance ... Tanz ... Traum ...
Seit einigen Jahren spuckt die Jazzmaschinerie ein Klaviertrio nach dem anderen aus. Nur wenige dieser Formationen verfügen über die Mischung aus handwerklichem Feinschliff und visionärem Ideenreichtum, die es braucht, um sich vom „courant normal” abzuheben. Das Gilbert Paeffgen Trio ist eine dieser raren magischen Dreieckskonstellationen: magistrale Musiker, die nicht ihr Ego in den Vordergrund stellen, sondern mit vereinten Kräften und maximaler Empathie ein einzigartiges Trio-Konzept hegen und pflegen. Dass auf dem Album „Stolp” nur gerade zwei Fremdkompositionen - ein selten gespieltes Stück von Charles Mingus sowie ein Volkslied aus Lappland - auftauchen, ist kein Zufall.
Gilbert Paeffgen agiert als gleichermassen sensibler und impulsiver „Primus inter pares”. Er prägt den wunderbar transparenten Bandsound nicht nur durch sein außerordentlich feinnerviges und vielfarbiges Schlagzeugspiel, sondern natürlich auch durch die hypnotischen Tonkaskaden, die er dem Hackbrett entlockt - nicht selten verschmelzen Klavier und Hackbrett zu irisierenden Klangflächen. Hier sind keine Jazzpuristen am Werk, sondern weltoffene Musiker, in deren Schaffen sich Forschungsdrang und Formbewusstsein die Waage halten.
Vera Kappeler ist eine Pianistin, deren filigrane Virtuosität immer im Dienste einer enormen Musikalität steht. Mit zäher Ausdauer vermag sie auch fragilsten Klängen ihren Platz zu geben. Mit seinem plastischen, warmen Sound und seinen agilen, aber nie hektischen Linien sorgt der Elektrobassist Urban Lienert für einen Schwebezustand zwischen Trance und Tanz.
Von der enorm facettenreichen Musik dieses Trios, das Originalität zum Glück nicht mit Effekthascherei verwechselt, wird man hingerissen und mitgerissen - mal wähnt man sich in einer rätselhaften Traumspirale, mal in einem Schnellzug ohne Notbremse. Man weiß nicht, was man mehr bewundern soll: den trickreichen Umgang mit vertrackten Grooves, die klangmalerische Raffinesse oder das telepathische Interplay. Die CD „Stolp” besitzt eine sehr lange Halbwertszeit: Wer sie im Repeat-Modus laufen lässt, wird nicht mit Monotonie bestraft, sondern mit immer wieder neuen Aha- und Oho-Momenten beschenkt.